Gehirnarchitektur von Wirbeltieren ist bisexuell

11.01.2016

Genitalien werden im Rattengirn unisex dargestellt - das haben Forscher um HU-Professor Michael Brecht in einer Untersuchung festgestellt

Obwohl sich die äußeren geschlechtsteile von Wirbeltieren in der Regel deutlich voneinander unterscheiden, werden die Genitalien im Gehirn auf der gleichen anatomischen Karte abgebildet. Das zeigen aktuelle Untersuchungen.

Forscher um Michael Brecht, Professor für Systemneurobiologie und Neural Computation an der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) und am Bernstein Zentrum Berlin, konnten mit physiologischen und anatomischen Verfahren eine markante Repräsentation der Genitalien in der Körperfühl-Hirnrinde der Ratte identifizieren. Größe, Form und Stellung lassen die kortikale Penis-Darstellung phallisch erscheinen und deuten auf eine sexuelle Funktion des Geschlects hin. In Übereinstimmung mit einer sexuellen Funktion der Genitalhirnrinde beobachteten die Forscher ein erhebliches Wachstum der relativen Größe der Genitalregion in der Pubertät.

Taktile Empfindungen werden im Gehirn in Form von geordneten Karten der Körperoberfläche repräsentiert. Im Gehirn der Säugetiere befindet sich die größte Karte in der sogenannten somatosensorischen Hirnrinde.

Trotz des großen wissenschaftlichen Interesses ist die Darstellung der Genitalien in der somatosensorischen Hirnrinde in wesentlichen Aspekten unklar. Bei Säugetieren zeigen die äußeren Genitalien einen ausgeprägten sexuellen Dimorphismus und können sich be sexueller Erregung in Größe und Form verändern. In einer neuen Studie ist es Forschern der HU und dem Marine Biology Lab in Woods Hole gelungen, eine hochauflösende Kartierung der Genitalregion in der somatosensorischen Hirnrinde darzustellen. In dieser Studie wird aufgezeigt, dass trotz des ausgeprägten sexuellen Dimorphismus der äußeren Genitalien der Ratte die Körperkarten von Klitoris und Penis identisch sind. Das bedeutet die Genitalrepräsentation in der Hirnrinde sind sexuell monomorph, das heißt gleichförmig.

Die hochauflösende Karierung deutet somit auf eine tiefgehende Homologie der Genitalrepräsentationen von Penis und Klitoris im Gehirn hin. Die Ergebnisse fügen sich zu anderen Befunden ein, die ebenfalls auf eine weitgehend bisexuelle Architektur des Wirbeltiergehirns hindeuten.

Publikation:
Lenschow et al., 2015, Current Biology 26, 1-8
Print: January 11, 2016 (copyright) Elsevier Ltd All rights reserved
Lenschow C, Copley S, Gardiner JM, Talbot ZN, Vitenzon A, Brecht M (2015) Sexually Monomorphic Maps and Dimorphic Responses in Rat Genital Cortex. Curr Biol 26: 1-8.
 
Pressekontakt:
Ibou Diop
Pressereferent
Humboldt-Universität zu Berlin
Tel.: +49 30 2093-2945
 
Kontakt:
Prof. Dr. Michael Brecht
Humboldt-Universität zu Berlin
Bernstein Center for Computational Neuroscience Berlin
Tel.: +49 30 2093-6772
 
Quelle: Pressemitteilung der HU vom 24.12.2015, erstellt von Ibou Diop
 
 

Go back