KMS-2: Diagnostik von induzierter Neglect-Symptomatik mit Hilfe des Kreismonitorsystems
Beschreibung der Studie:
Der Neglect ist ein häufiges Syndrom nach einem Schlaganfall. Patient:innen mit Neglect nehmen Reize, die im Raum kontralateral zur geschädigten Hirnhälfte dargeboten werden, nicht mehr wahr. Im Alltag führt dies zu schwerwiegenden Einschränkungen. Zudem ist das Auftreten eines Neglects ein negativer Prädiktor für die zu erwartende Erholung der Patient:innen.
Neben der Beobachtung des spontanen Verhaltens werden zur Diagnostik des Neglects derzeit vor allem Such- und Durchstreichaufgaben auf Papier (“paper-and-pencil“ Tests) eingesetzt. Diese Tests haben den Nachteil, dass sie nur einen kleinen räumlichen Ausschnitt prüfen können. Mit dem Kreismonitorsystem, das mit Hilfe von Touchscreens zu lösende Aufgaben präsentiert, konnten wir in der ersten Phase des Projekts (KMS-1 Pilotstudie) die Genauigkeit der Diagnostik erhöhen. So konnten wir auch sehr milde Beschwerden erfassen, die mit herkömmlichen Tests nicht aufgedeckt werden, aber in komplexen Alltagssituationen relevant sein können. Dies macht eine zielgerichtete Behandlung betroffener Patient:innen möglich. Langfristig wollen wir mit dieser Technologie auch die Therapie von Neglect-Patient:innen verbessern, indem wir alltagsrelevante Aufgaben in einem virtuellen Umfeld modellieren.
Basierend auf unserer KMS-1 Pilotstudie testeten wir nun gesunde Proband:innen, bei denen eine kurzzeitige Neglectsymptomatik mittels nicht-invasiver elektrischer Hirnstimulation (transkranielle Gleichstromstimulation, tDCS) hervorgerufen wurde. Im Gegensatz zu anderen schlaganfallbedingten Ausfällen, wie Sprachstörungen oder Gesichtsfelddefekten, ist beim Neglect erst unzureichend geklärt, welche Läsionsorte für die Entstehung der einzelnen Facetten der Symptomatik verantwortlich sind. Grund dafür ist, dass es sich bei Neglect-Patient:innen meist um weit ausgedehnte Läsionen handelt, welche viele Bereiche des Gehirns geschädigt haben. tDCS bietet die Möglichkeit, bestimmte Hirnareale gezielt zu stimulieren und so deren Einfluss auf die Neglect-Symptomatik gezielt zu untersuchen. tDCS ist dabei ohne Risiko und führt zu keinerlei negativen Empfindungen oder anhaltenden kognitiven oder sensorischen Einschränkungen. Ein gezielte Untersuchung der zugrunde liegenden Mechanismen und der beteiligten Struktur-Funktions-Beziehungen beim Neglect würde helfen, die Störung besser zu verstehen und könnte dadurch im weiteren Verlauf die Diagnostik und Therapie der Patient:innen und somit ihre Rehabilitationschancen positiv beeinflussen.
Studienleitung: Prof. Dr. Andreas Meisel (AG Zerebrovaskuläre Erkrankungen, NCRC, Neurologie CCM)
Beteiligte Kooperationspartner: Exzellenzcluster NeuroCure (Prof. Dr. Agnes Flöel, Prof. York Winter), Median Klinik Berlin-Kladow (Dr. Christian Dohle), Freie Universität Berlin, Abteilung Allgemeine Psychologie und Neuropsychologie (Prof. Michael Niedeggen), Berlin Center for Advanced Neuroimaging BCAN sowie Graduiertenschule Berlin School of Mind and Brain (Dr. Daniel S. Margulies).