Verlässlicher wissen, was hilft
03.04.2017
Effektivere Translation durch verbessertes Studiendesign
Warum ist die Übertragung präklinischer Forschungsergebnisse in den klinischen Nutzen für Patienten derzeit noch immer so unbefriedigend? Woran liegt es, dass so viele experimentelle Ansätze für neue Therapien und diagnostische Verfahren im Umsetzungsprozess in die praktische Anwendung scheitern? Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Berliner Instituts für Gesundheitsforschung (BIH) zeigen in einer aktuellen Untersuchung, dass ein flexibles Studiendesign die Effizienz präklinischer Studien signifikant verbessern kann. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe sind in der aktuellen Ausgabe des Fachjournals PlosBiology* publiziert.
Um neue Therapieansätze entwickeln zu können, muss die biomedizinische Forschung verlässliche und reproduzierbare Ergebnisse erzielen, die eine hohe Vorhersagekraft sowohl für das Krankheitsverständnis als auch für neue Diagnostiken und Therapien besitzen. Allerdings erweisen sich in der klinischen Realität derzeit noch viele Therapien, die im Tierversuch erfolgversprechend erschienen, als unbrauchbar. Gründe hierfür sind unter anderem mangelnde Qualitätsstandards in präklinischen Studien, wie beispielsweise unzureichende Fallzahlen, fehlende Randomisierung oder die Wahl eines unpassenden Studiendesigns.
Die Wissenschaftler um Prof. Dr. Ulrich Dirnagl, Leiter der Experimentellen Neurologie der Charité und Gründungsdirektor des Center for Transforming Biomedical Research am BIH, zeigen in ihrer Arbeit, dass die Effizienz präklinischer Studien durch die Anwendung eines flexiblen, gruppensequentiellen Studiendesigns maßgeblich gesteigert werden kann. Gruppensequentielle Studien werden in der klinischen Forschung, anders als in der präklinischen Forschung, bereits vermehrt angewendet. Hier besteht die Möglichkeit, Studien mit größeren Fallzahlen zu planen und am Ende belastbarere Aussagen zu erhalten, wobei nach vorher festgelegten Kriterien die Studie abgebrochen wird, wenn sich ein erwarteter Effekt gar nicht zeigt oder wenn der Effekt sehr groß ist. Auf diese Weise können am Ende - trotz Planung mit größeren Tierzahlen - Studien häufig schon früher beendet werden, so dass nicht alle Tiere die Studie durchlaufen müssen.
„Unsere Computersimulationen zeigen, dass das gruppensequentielle Studiendesign im Vergleich zu dem in präklinischen Studien üblicherweise verwendeten Block-Design zu einer Ressourceneinsparung von 30 Prozent führt, ohne dass die Aussagekraft der Studie gemindert wird“, erklärt Dr. Ulrike Grittner, eine der beiden Erstautoren der Studie.
Sie fügt hinzu: „Eine höhere Qualität in der präklinischen Forschung führt zu einer besseren Übertragbarkeit der Studienergebnisse in die klinische Forschung. Dadurch können erfolgversprechende neue Therapiemöglichkeiten schneller erkannt werden und Patienten helfen.“
Leiter der Ableitlung Experimentelle Neurologie
Stellv. Sprecher Exzellenzcluster Neurocure
Charité – Universitätsmedizin Berlin
t: +49 30 450 560 122