Gut vernetzt – wichtig für Gehirnleistung
31.07.2012
Berliner Forscher entdecken Schaltersystem, das Nervenzellen verbindet
Sprache und Sinneswahrnehmung, Gedankenbildung, Entscheidungsprozesse und Bewegung sind komplexe Aufgaben, die das Gehirn nur bewältigt, wenn die einzelnen Nervenzellen, die Neuronen, gut vernetzt sind. Berliner Neurowissenschaftler haben jetzt ein molekulares Schaltersystem entdeckt, das diese Vernetzung der Nervenzellen reguliert. Die Arbeit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin, des Exzellenzclusters NeuroCure und des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) wurde nun im Fachjournal „Genes and Development“ veröffentlicht.
Bei diesen Gehirnleistungen spielt eine hoch verzweigte Struktur der Neuronen, der dendritische Baum, eine wichtige Rolle. Wie Antennen empfangen die Ausläufer der Zelle, die Dendriten, die Signale anderer Nervenzellen und leiten sie zum Nervenzellkern weiter. Angeborene neurologische Krankheiten im Menschen, wie geistige Behinderungen, werden oft mit Fehlern bei der Entwicklung des dendritischen Baums assoziiert.
Das Forscherteam um Marta Rosário in Zusammenarbeit mit Victor Tarabykin von der Charité und Walter Birchmeier vom MDC, hat nun entdeckt, wie dieser Verzweigungsprozess während der Entwicklung kontrolliert wird. In lebenden Mäusen konnte es dabei zeigen, dass das Protein NOMA-GAP als Schalter für diesen Prozess dient. Das Schalterprotein wird von reifenden Neuronen produziert und startet dabei eine Kette von Signalen in der Zelle, die zur dendritischen Verzweigung führt. Zentrales Element der Signalkette ist ein Protein, kurz Cdc42 genannt. Es spielt eine wichtige Rolle bei den ersten Entwicklungsstadien von Neuronen, hemmt aber die Verzweigung des dendritischen Baums in späteren Entwicklungsstadien. Wird NOMA-GAP aktiv, schaltet es Cdc42 aus und die reifenden Neuronen können komplex verästelte dendritische Bäume ausbilden. Der richtige Einsatz des Schalterproteins und die Steuerung der Cdc42-regulierten Signalkette sind daher unerlässlich für eine korrekte Verzweigung der Neuronen und somit für die Entwicklung des Neocortex, der Großhirnrinde, die unter anderem Sinneswahrnehmung, Gedächtnis, Sprache und Bewegung steuert.
„Fehler in dieser Signalkette führen zu einem unvollständig entwickelten dendritischen Baum. Dann besteht die Gefahr von geistigen Einschränkungen, da Signale im Gehirn nicht mehr ausreichend verarbeitet werden können“, erklärt Marta Rosário. „Die Studie bildet für uns eine wichtige Grundlage zur Erforschung verschiedener Krankheiten, wie geistiger Behinderung, Schizophrenie oder Depression, die hoffentlich neue Therapiewege aufzeigen wird.“
Quelle:
Neocortical dendritic complexity is controlled during development by NOMA-GAP-dependent inhibition of Cdc42 and activation of cofilin
Marta Rosário,1,2,5 Steffen Schuster,1 René Jüttner,3 Srinivas Parthasarathy,1 Victor Tarabykin,1,4 and Walter Birchmeier2,4
1Neurocure Excellence Cluster, Institute of Cell and Neurobiology, Charite´ Universitätsmedizin Berlin, 10115 Berlin, Germany; 2Department of Signal Transduction, Invasion, and Metastasis of Epithelial Cells, 3Department of Developmental Neurobiology, Max Delbrück Center for Molecular Medicine, 13092 Berlin, Germany
4These authors contributed equally to this work
5Corresponding author
Kontakt:
Dr. Marta Rosario
Institut für Zell- und Neurobiologie
Charité - Universitätsmedizin Berlin
Philippstr 12
10115 Berlin
Tel: + 49-(0)-30 450 528 333
E-mail: marta.rosario@charite.de