Metformin in der Schwangerschaft beeinflusst die Gehirnentwicklung der Nachkommen

31.01.2024

Mit der Zunahme von Schwangerschaftsdiabetes und metabolischen Störungen in der Schwangerschaft wird auch häufiger Metformin verschrieben. Obwohl bekannt ist, dass das orale Antidiabetikum die Plazentaschranke überwinden kann, sind die Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung des Kindes weitgehend unbekannt. Ein interdisziplinäres Forscherteam des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) konnte nun im Mausmodell zeigen, dass Metformin zwar positive Folgen für die schwangeren Tiere, nicht jedoch für die Nachkommen hat. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse im Fachjournal Molecular Metabolism.

Aktuelle Zahlen zeigen, dass weltweit etwa eine von sechs Schwangeren von einer speziellen Diabetes-Form, dem Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes) betroffen ist. In Deutschland waren 2021 laut Aussage des Robert Koch-Instituts bereits 63.000 Frauen erkrankt, Tendenz steigend. Diese Zahlen sind besorgniserregend, da zu hohe Blutzuckerspiegel während der Schwangerschaft mit negativen Folgen für Mutter und Kind einhergehen. So steigt für die betroffenen Frauen das Risiko für einen späteren Typ-2-Diabetes und ihre Kinder haben ein höheres Risiko für Stoffwechselstörungen und Übergewicht. 

Langfristige Metforminwirkung auf Nachkommen ist unklar

Seit einigen Jahren gewinnt das plazentagängige orale Antidiabetikum Metformin als Alternative zur Insulingabe zunehmend an Bedeutung, wenn Lebensstiländerungen bei der Behandlung des Schwangerschaftsdiabetes keinen Erfolg zeigen. Bislang gibt es jedoch nur wenige Studien über die langfristigen Wirkungen von Metformin auf die Gesundheit der Nachkommen. Bekannt ist, dass Metformin auf den AMPK-Signalweg wirkt, welcher während der Gehirnentwicklung die Vernetzung der Nervenzellen steuert.

Vorbereitung von Hirnschnitten der Maus für die weitere Bildgebung. Mittels eines Pinsels werden die Schnitte auf einem Glasträger befestigt. (Foto: David Ausserhofer/DIfE)

Das interdisziplinäre DIfE-Forscherteam um Nachwuchsgruppenleiterin Dr. Rachel Lippert setzte sich daher mit zwei zentralen Fragen auseinander: Ist eine Behandlung mit Metformin nur für die Mutter oder auch für das Kind hilfreich? Und führt die Behandlung mit Metformin zu langfristigen negativen physiologischen Veränderungen bei den Nachkommen, insbesondere im Zusammenhang mit der Entwicklung der neuronalen Schaltkreise im Hypothalamus, einer kritischen Region für die Regulation des Energiehaushaltes?

Mausmodelle sollen Licht ins Dunkel bringen

Für die Beantwortung der Leitfragen nutzten die Forschenden zwei Mausmodelle, welche die Hauptursachen für Schwangerschaftsdiabetes darstellen: starkes Übergewicht der Mutter vor der Schwangerschaft sowie eine übermäßige Gewichtszunahme während der Schwangerschaft. Diese Stoffwechselzustände wurden durch unterschiedliche Fütterungsmuster erreicht, bei denen die Mäuse eine Hochfett- bzw. eine Kontrolldiät erhielten. Die antidiabetische Behandlung der weiblichen Mäuse und deren Nachkommen erfolgte während der Stillzeit, da diese hinsichtlich der Gehirnentwicklung dem dritten Trimester der menschlichen Schwangerschaft entspricht. 

Die Therapie umfasste Insulin, Metformin oder ein Placebo, wobei die Dosierung an den menschlichen Standardtherapien orientiert war. Das Forscherteam sammelte Daten zum Körpergewicht der Mäuse, analysierte verschiedene Stoffwechselparameter und Hormone, und untersuchte molekulare Signalwege im Hypothalamus.

Mütterlicher Stoffwechselstatus ist entscheidend

„Infolge der antidiabetischen Behandlung in der frühen postnatalen Phase konnten wir Veränderungen im Gewichtszuwachs und im Hormonstatus der Nachkommen identifizieren, die entscheidend vom metabolischen Zustand der Mutter abhängig waren“, erklärt Lippert. Darüber hinaus zeigten sich geschlechtsspezifische Veränderungen in der hypothalamischen AMPK-Signalgebung als Reaktion auf die Metformin-Exposition. Zusammen mit der Metformin-induzierten Verschiebung der untersuchten Hormonspiegel deuten die Ergebnisse darauf hin, dass vor Beginn einer Therapie des Schwangerschaftsdiabetes der mütterliche Stoffwechselstatus berücksichtigt werden muss. 

Prävention in den Fokus rücken

Laut Rachel Lippert könne die Therapie eines Schwangerschaftsdiabetes zukünftig darin liegen, eine für alle zugängliche und nicht plazentagängige Medikation zu entwickeln. „Angesichts der steigenden Prävalenz sind die Aufklärung über Schwangerschaftsdiabetes und präventive Maßnahmen von entscheidender Bedeutung. Wenn wir einen Weg finden, den Lebensstil und die Ernährung proaktiver zu gestalten, können wir das Potenzial zur Behandlung von Schwangerschaftsdiabetes besser ausschöpfen“, sagt Lippert.

Originalpublikation: Cantacorps, L., Zhu, J., Yagoub, S., Coull, B M., Falck, J.,Chesters, R. A., Ritter, K., Serrano-Lope; M., Tscherepentschuk; K., Kasch, L.-S., Paterson, M., Täger, P., Baidoe-Ansah, D., Pandey, S., Igual-Gil, C.; Braune, A., Lippert, R. N.: Developmental metformin exposure does not rescue physiological impairments derived from early exposure to altered maternal metabolic state in offspring mice. Mol. Metab. 79:101860 (2023). [Open Access]

Quelle: Pressemitteilung DifE

Kontakt:
Dr. Rachel Lippert
NeuroCure
Leiterin der Nachwuchsgruppe Neuronale Schaltkreise
Tel.: 033200 88 - 2470
E-Mail: rachel.lippert@dife.de

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