Wissenschaftspreis für Leibniz-Molekularbiologen Thomas J. Jentsch

26.11.2018

Der Wissenschaftspreis des Stifterverbandes „Gesellschaft braucht Wissenschaft“ geht in diesem Jahr an Thomas J. Jentsch vom Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie sowie an Macartan Humphreys vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, ebenfalls ein Leibniz-Institut. Die Auszeichnung würdigt die Aufklärung mehrerer genetisch bedingter Krankheiten und neue Ansätze der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Der mit insgesamt 50.000 Euro dotierte Preis wird am 27. November 2018 im Rahmen der Jahrestagung der Leibniz-Gemeinschaft verliehen.

Der Wissenschaftspreis „Gesellschaft braucht Wissenschaft“ wird alle zwei Jahre an Forscherinnen und Forscher vergeben, deren Arbeiten sich durch besondere gesellschaftliche Relevanz und gute Umsetzbarkeit auszeichnen. In diesem Jahr würdigt der Stifterverband auf Vorschlag der Leibniz-Gemeinschaft erneut zwei Preisträger mit unterschiedlichen Forschungsthemen: Während der Mediziner und Physiker Thomas J. Jentsch und sein Team durch ihre Forschung zu Ionenkanälen zur Aufklärung der Ursachen zahlreicher erblich bedingter Krankheiten beitragen, untersucht der Politikwissenschaftler Macartan Humphreys die Wirksamkeit entwicklungspolitischer Maßnahmen in strukturell benachteiligten Regionen.

Thomas J. Jentsch, Mitglied des Exzellenzclusters NeuroCure, und sein Team haben mit Hilfe interdisziplinärer Ansätze neue Klassen von Ionen-Kanälen entdeckt und deren biologische Funktionen und Rollen bei verschiedenen Erkrankungen aufgeklärt. Ionenkanäle sind in den Zellmembranen eingebaute Proteine, die zentral an zahlreichen Transport- und Signalübertragungsprozessen beteiligt sind. So zeigen jüngste Untersuchungen von Jentsch und Mitarbeitern, dass ein erst kürzlich von ihnen molekular identifizierter Kanal neben Chlorid und Botenstoffen des Nervensystems auch Zytostatika durchlässt, so dass eine Herunterregulation des Kanals in Tumoren zu Therapieresistenzen bei Krebspatienten führen kann. Derselbe Ionenkanal spielt eine elementare Rolle bei der Regulierung des Zellvolumens und der Insulinausschüttung. Durch ihre Forschung zu den Mechanismen des Ionentransports konnten Jentsch und Mitarbeiter in den vergangenen Jahren nachweisen, dass Mutationen in Ionenkanalgenen eine Reihe vererbter Störungen wie Knochen- und Muskelerkrankungen, Gehörverlust oder Nierensteine verursachen. Die Erkenntnisse tragen wesentlich zur Aufklärung der Ursachen und Mechanismen seltener wie auch weit verbreiteter Krankheitsbilder wie etwa der Epilepsie bei und liefern neue Ansätze für deren Behandlung.

„Die Preisträger leisten mit ihrer exzellenten Forschung auf ganz unterschiedliche Weise einen herausragenden Beitrag für die Gesellschaft“, würdigt Andreas Schlüter, Generalsekretär des Stifterverbandes, die Arbeit der beiden Wissenschaftler. „Thomas Jentsch entwickelt mit seinen Erkenntnissen neue Ansätze vor allem in der Krebstherapie oder bei der Bekämpfung von Erbkrankheiten. Die Arbeiten von Macartan Humpfhreys sind wegweisend für die künftige internationale Zusammenarbeit in der Entwicklungshilfe. Wir würdigen die beiden Wissenschaftler mit dem Wissenschaftspreis des Stifterverbandes, weil sie die hohe gesellschaftliche Relevanz der Forschungsarbeiten in der Leibniz-Gemeinschaft bekräftigen.“

Leibniz-Präsident Matthias Kleiner ergänzt: „Biomedizinische Forschung, die in neue Therapieansätze mündet, und politikwissenschaftliche Feldstudien, die dazu beitragen, in einer globalisierten Welt auch in Entwicklungsländern Menschenrechte und demokratische Teilhabe zu fördern so unterschiedlich die Arbeiten unserer beiden Preisträger fachlich auch sein mögen, sie verdeutlichen doch, wie umfassend der Bedarf an wissenschaftlicher Expertise für die Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen ist. Beide Preisträger verbinden wissenschaftliche Exzellenz mit einer unmittelbaren gesellschaftlichen Anwendungsperspektive und verkörpern damit auf vorbildliche Weise das wissenschaftliche Selbstverständnis der Leibniz-Gemeinschaft. Es ist genau diese Art von herausragender und zugleich hoch relevanter Forschung, die für und in die Gesellschaft wirkt.“

Die Preisträger
Prof. Dr. rer. nat. Dr. med. Thomas J. Jentsch, Jahrgang 1953, studierte Medizin und Physik an der Freien Universität Berlin. 1982 wurde er am Franz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft und zwei Jahre später an der FU Berlin promoviert. Nach einem mehrjährigen Forschungsaufenthalt als Postdoktorand am Whitehead Institute (MIT) war Jentsch zwischen 1988 und 2006 am Zentrum für Molekulare Neurobiologie (ZMNH) in Hamburg tätig, zunächst als Forschungsgruppenleiter, später als Professor und Leiter der Abteilung „Molekulare Neuropathologie“. Von 1995 bis 1998 sowie von 2001 bis 2003 war er Direktor des ZMNH. Jentsch ist Professor an der Charité Berlin, und stellvertretender Direktor des Leibniz-Forschungsinstituts für Molekulare Pharmakologie (FMP). Dort und am benachbarten Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin der Helmholtz-Gemeinschaft in Berlin-Buch leitet er die Gruppe „Physiologie und Pathologie des Ionentransports“, die den molekularen Aufbau und die vielfältigen Funktionen von Ionenkanälen erforscht. Er ist Mitglied des Exzellenzclusters NeuroCure.

Quelle: Pressemitteilung des Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP)

Kontakt:
Prof. Dr. Thomas J. Jentsch
Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP) und Exzellenzcluster NeuroCure
E-Mail: jentsch(at)fmp-berlin.de

[nsbp]

 

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